BUND Kreisgruppe Wilhelmshaven

Natur auf Zeit: Nachhaltiges Management von Bau- und Gewerbebrachen als Sukzessionsräume zum Erhalt der Biodiversität

Gemeinsames Positionspapier der Natur- und Umweltverbände Wilhelmshaven

Anlass

Anfang November 2021 wurde, bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr, das Gelände am nordöstlichen Ufer des Banter Sees, der Banter See Park, radikal abgemäht. Dadurch wurde ein strukturreicher Lebensraum aus Gras- und Hochstaudenfluren, Brombeergebüsch und anderen Gehölzen zerstört. Einzig ausgewachsene Bäume wurden verschont, im Wesentlichen die Mehlbeer-Reihen entlang der befestigten Wege im Gebiet. Die Bereiche, die der Schlegelmäher übrig ließ, wurden mit einem Freischneider nachgearbeitet, so dass selbst um die Bäume herum kein Halm übrig blieb.

In einer Pressemitteilung vom 4.11. kündigte die Stadt die „Mäharbeiten auf städtischen Gewerbeflächen“ an. Darin wurde mitgeteilt: „Die Arbeiten dienen dazu, die Flächen in einem Zustand zu halten, der der vorgesehenen Nutzung entspricht. Die Arbeiten erfolgen in Rücksprache mit der Unteren Naturschutzbehörde und werden unter Beachtung der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes (§ 44 BNatSchG) durch Fachfirmen ausgeführt.“

Nach § 44 BNatSchG ist es verboten,

  • wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
  • wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
  • Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.

Der Banter See Park unterliegt als Sukzessionsfläche auf einer Gewerbebrache keinem gesetzlichen Schutzstatus. Da er, mit Ausnahme eines Gebäudes (Biotechnologiezentrum), nach Abriss der Banter Kasernen nicht baulich genutzt ist, hat er sich zu einem Lebensraum für Insekten, Singvögel und Kleinsäuger entwickelt. Angesichts der zunehmenden Inanspruchnahme von Freiflächen im städtischen Raum kommt solchen Sekundärbiotopen eine wachsende Bedeutung zu. Nach Kenntnis und Erfahrungen der hiesigen Igelexpertinnen ist der Banter See Park ein herausragender Lebensraum und Überwinterungsgebiet für Igel. Sie brauchen solche kleinräumig reich strukturierten Lebensräume mit Hecken, Gehölzen und Wiesen, stufige Waldränder mit viel Unterholz, Wildstauden und Kräutern. Dort findet der Igel ein breites Angebot an Kleintieren als Nahrung und Unterschlupfmöglichkeiten für seine Tages- und Winterschlafnester.

Der europäische Braunbrustigel gehört zu den besonders geschützten Arten. Das Bußgeld für das Fangen, Verletzen, Töten von Igeln sowie für die Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten beträgt in Niedersachsen bis zu 50.000 Euro.

Der radikale Eingriff in dieses Sekundärbiotop war überflüssig und vermeidbar. Um zu verhindern, dass sich die Fläche auf Dauer in ein schützenswertes Biotop (bzw. Wald) verwandelt, das nicht ohne Weiteres bzw. nicht ohne Ersatzmaßnahmen zerstört werden darf, wenn sich ein konkretes Nutzungsinteresse abzeichnet, wäre der Rückschnitt jeweils einer Teilfläche (1/3, ¼, …) pro Jahr ausreichend, so dass der jeweils größte Teil als Lebensraum verbleibt. Dabei meint Rückschnitt etwas anderes als das radikale Mulchen bis auf die schwarze Erde.

Es ist nicht erkennbar, inwiefern die in der Pressemitteilung erwähnten „artenschutzrechtlichen Bestimmungen“ bei der Maßnahme berücksichtigt wurden. Bei der „Fachfirma“ handelt es sich um einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb aus Friesland, der auf seiner Website als „Referenzen“ eine Fotogalerie von „Gärten des Grauens“ mit großflächiger Versiegelung und Rollrasen präsentiert. Eine naturschutzfachliche Begleitung der Arbeiten und ein vorheriges Absuchen nach Igelquartieren ist nicht erkennbar. Da Igel bei drohender Gefahr nicht fliehen, sondern sich zusammenrollen, sind sie leichte Opfer von Mähwerken und auch Freischneidern, die bedenkenlos ins Gebüsch gehalten werden.

Besondere Verantwortung: Biodiversität / Biosphärenreservat

Im April 2010 hat die Stadt Wilhelmshaven nach einstimmiger Beschlussfassung durch den Rat gemeinsam mit rund 200 deutschen Städten und Gemeinden die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ unterzeichnet und sich damit auch für den Zusammenschluss in einem kommunalen Bündnis zum Schutz der biologischen Vielfalt ausgesprochen. Im Juni 2021 erfolgte der Beitritt der Stadt Wilhelmshaven zur Entwicklungszone der Biosphärenregion Niedersächsisches Wattenmeer. Diese Bekenntnisse müssen auch gelebt werden und sich in den weiteren Entscheidungen zur Stadtentwicklung niederschlagen.

Durch neuere Entwicklungen und Entscheidungen hat sich die Ausweisung des Banter See Parks als Gewerbegebiet (Bebauungsplan Nr. 198) überlebt. Mit dem Beschluss zum Bau des trilateralen Weltnaturerbe Wattenmeer Partnerzentrums auf dem Bunker an der Jadeallee und zum Ausbau des Geländes der Seeschwalbenkolonie zu einer Naturerlebniseinrichtung mit Ausstellung (beides laufende Projekte der GGS) wurden die Weichen für die Entwicklung dieses Areals zu einem naturtouristischen Angebot gestellt. Auch die Freiraumplanung zum Siegerentwurf (und auch anderen Wettbewerbsbeiträgen) für das Weltnaturerbe-Zentrum sehen eine entsprechende Gestaltung für die naturnahe Erholung vor und greifen dabei auf vorhandene Strukturen zurück. Das naturtouristische Entwicklungspotenzial war auch Grundlage des erfolgreichen Bürgerbegehrens gegen den Bau einer Stadthalle im Banter See Park.

Den Bebauungsplan richtungsweisend ändern

Der Rat kann und sollte nun mit einer Änderung des Bebauungsplans für den Banter See Park endgültig die Zweckbindung in Richtung „Freizeit / Erholung / Natur“ vorgeben. Damit wäre auch einer Fortsetzung des Kahlschlags durch die GGS vorbeugend die Grundlage entzogen.

Natur auf Zeit

Darüber hinaus sollte auch für andere Gewerbebrachen das Konzept „Natur auf Zeit“ in Betracht gezogen werden. Mit dem oben beschriebenen abwechselnden Rückschnitt von Teilflächen wäre dem Anspruch, der Entwicklung rechtsverbindlicher Naturschutzflächen vorzubeugen, Genüge getan, bei gleichzeitigem größtmöglichen Erhalt von Flächen zur Sicherung der Biologischen Vielfalt. Informationen zum rechtssicheren Procedere gibt es beim BfN: https://www.bfn.de/natur-auf-zeit

Verbandsbeteiligung / Runder Tisch Naturschutz

Im Zuge der Diskussion im Rat um das radikale Abmähen im Banter See Park wurde für zukünftige Planungen bzw. Entscheidungen über Maßnahmen dieser Art die Einbeziehung der Natur- und Umweltverbände gefordert. Gern bringen wir unsere Expertise im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung ein. Darüber hinaus fordern wir seit mehreren Jahren, den Runden Tisch Naturschutz wieder einzuführen. Mindestens einmal jährlich sollten sich dieses Gremium zusammenfinden, um Pläne und Maßnahmen, die relevant für den Natur- und Umweltschutz sind, schon im Vorfeld bzw. im Grundsatz zu diskutieren und abzustimmen.

Wilhelmshaven, November 2021

Unterzeichner:

  • Imke Zwoch, BUND Kreisgruppe Wilhelmshaven, 1. Vorsitzende
  • Maren Torhoff, Nabu Kreisgruppe Wilhelmshaven, 1. Vorsitzende
  • Imke Sindern, Netzwerk Igelhilfe Wilhelmshaven
  • Michael Hillmann, JadeWale e.V., 1. Vorsitzender

Stadthalle gehört nicht in den Banter See Park

Position der BUND Kreisgruppe Wilhelmshaven - Juni 2020

Flussseeschwalbe mit Fisch. Foto: BUND Flussseeschwalbe am Banter See. Foto: BUND

In einem Gutachten zum zukünftigen Standort einer Wilhelmshavener Stadthalle wird ein Neubau im Banter See Park favorisiert. Das würde allerdings bedeuten, dass ein Großteil der naturnah entwickelten Fläche der Halle und den dazugehörigen Parkplätzen zum Opfer fiele. Der Grünbereich erstreckt sich zwischen der Flussseeschwalbenkolonie und der Jadeallee, wo in Kürze das Trilaterale Weltnaturerbe Wattenmeer Partnerzentrum (TWWP) gebaut wird. Für das TWWP gab es einen Architekten-Wettbewerb. Bei den eingesandten Entwürfen wurde die Gestaltung des Umfeldes mit einbezogen. Naheliegend, dass passend zum Thema und Zweck des Weltnaturerbe-Partnerzentrums die Freiflächen ökologisch gestaltet werden So sehen es die Vorschläge des Wettbewerbs auch vor. Dabei wird auch der vorhandene Baumbestand im Westen des Parks, darunter eine schöne Allee aus großen Mehlbeer-Bäumen, erhalten und einbezogen.

Mit der Stadthalle und den Parkplätzen (zusammen etwa 1,7 Hektar Bebauung / Versiegelung) wäre der Park unwiederbringlich zerstört. Unserer Ansicht nach ein Schlag ins Gesicht der Trilateralen Gemeinschaft (Deutschland, Dänemark und die Niederlande) zum Schutz des Wattenmeeres. Wenn Wilhelmshaven die "Hauptstadt" des Weltnaturerbes Wattenmeer sein möchte, dann müssen die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung auch entsprechend planen und handeln.

Zudem wären die Baumaßnahmen für das Großprojekt und Verkehr und Trubel durch den Stadthallen-Betrieb für die streng geschützten Seeschwalben (mehrere hundert Brutpaare) ein gewaltiger Störfaktor. Spaziergänger am Seeufer sind kein Problem und auch Besuchergruppen in der Beobachtungshütte stören das Brutgeschäft nicht. Zur Zeit wird die Forschungsstation renoviert und um eine Ausstellung erweitert, damit noch mehr Menschen Spannendes über die Vögel und die Arbeit des Instituts für Vogelforschung erfahren können.

Mit dem Ensemble aus Seeschwalbenkolonie, TWWP und dem Wattenmeer Besucherzentrum am Südstrand (das ebenfalls gerade mit einer neuen Ausstellung umgebaut wird) wäre Wilhelmshaven dann ein herausragender Anziehungspunkt für Naturerlebnis und -tourismus. Wäre - wenn es ein passendes Gesamtkonzept dazu gibt. Wenn aber gleichzeitig in großem Maßstab die Natur gestört und zerstört wird, ist Wilhelmshaven als "Welterbe-Hauptstadt" unglaubwürdig.

Ein Bürgerbegehren gegen den Bau einer neuen Stadthalle am Banter See ist gerade in Vorbereitung und wird von unserer BUND Kreisgruppe Wilhelmshaven unterstützt.

 

 

Positionspapier der GNU zum Banter See

Banter See, Blick von Nordost Banter See, Blick von Nordost. Foto: Imke Zwoch

28. August 2014

Gemeinschaft regionaler Natur- und Umweltschutzverbände – Wilhelmshaven und Umzu (GNU)
Die Zahlen in Klammern weisen auf die Quellenangaben am Ende des Textes hin.

1. Wichtige Bereiche aus der Sicht des Naturschutzes/der GNU


Der Landschaftsrahmenplan der Stadt Wilhelmshaven weist dem Banter See eine hohe Wertigkeit zu. Er weist den Banter See inklusive großer Teile an seinem Südufer als einen hochwertigen, landschaftsschutzwürdigen Bereich Nr. 8 aus (1).

1.1 Biotoptypen, gefährdete und geschützte Pflanzenarten

Insbesondere am Südufer des Banter See zwischen Benzstraße und der Marineanlage Bordum findet sich ein Mosaik verschiedener Biotoptypen. Hier finden sich Pflanzengesellschaften, die den gesetzlich geschützten Biotopen nach Bundesnaturschutzgesetz zugeordnet werden und auch in der Roten Liste als bestandsgefährdet geführt werden.

Gesetzlich geschützt sind die Röhrichte im Uferbereich, der Sandmagerrasen bei Klein Wangerooge, verschiedene Kleingewässer und der Weidensumpfwald. (2)
Der genannte Bereich weist zudem mehrere gefährdete und geschützte Pflanzenarten auf (3). Dies sind Tausendgüldenkraut, Wasserfeder, Stechpalme und die Orchideenarten Breitblättriger Stendelwurz, Großes Zweiblatt und Knotiges Mastkraut.

1.2 Brutvögel

Als Brutvögel weist der Banter See eine Reihe von Wasservogelarten auf. Neben Höckerschwan, Stockente, Blässhuhn und Teichrohrsänger ist dies eine große Kolonie der Flussseeschwalbe.
Am NO-Ufer des Banter Sees befindet sich die Brutkolonie der Flussseeschwalbe (Sterna hirundo) mit alljährlich durchschnittlich 427 Brutpaaren für den Zeitraum von 2002 - 2008. (4)

Die Kolonie ist seit 1969 als Naturdenkmal (5) geschützt. Zum Schutz der Kolonie gibt es einen 50 m breiten Streifen um die Kolonie, in dem jegliche Störung verboten ist.
Die Kolonie wird durch das Institut für Vogelforschung, Vogelwarte Helgoland seit den achtziger Jahren für populationsökologische Untersuchungen genutzt. Inzwischen hat sich das Projekt zu einem Vorzeigeprojekt von internationalem Ruf entwickelt.
Die Flussseeschwalbe wird in der Roten Liste der bedrohten Brutvögel in Niedersachsen als stark gefährdet geführt. (6)

1.3 Rastvögel

Auf dem Banter See kommen zahlreiche Rastvögel vor: Austernfischer, Bergente, Blässhuhn, Brandgans, Brandseeschwalbe, Brautente, Eisente, Eistaucher, Eisvogel, Fischadler, Flussseeschwalbe, Gänsesäger, Großer Brachvogel, Haubentaucher, Hausente, Heringsmöwe, Höckerschwan, Hybrid Reiherente X Bergente, Kormoran, Krähenscharbe, Lachmöwe, Löffelente, Mandarinente, Moschusente, Nilgans, Ohrentaucher, Prachttaucher, Reiherente, Rotschenkel, Schellente, Schnatterente, Steinwälzer, Stockente und Zwergtaucher. (7)

Der Banter See ist ein wichtiges Rastgebiet für verschiedene Vogelarten und liegt in der Bewertung aktuell bei lokaler (Reiherente) über regionaler (Haubentaucher, Höckerschwan, Löffelente, Schnatterente, Stockente) bis hin zu landesweiter Bedeutung (Blässhuhn, Rotschenkel, Schellente, Zwergtaucher, Steinwälzer). Die benachbarten Hafenanlagen weisen keine auch nur annähernd vergleichbare Arten- und Individuenzahlen auf. Dies macht die besondere Bedeutung insbesondere des Wasserkörpers des Banter See für Rastvögel deutlich.  

2. Forderungen des Naturschutzes

 

2.1 Keine Zerstörung von Sandmagerrasen bei Klein Wangerooge

 

 

Für den Bereich von Klein Wangerooge laufen derzeit Planungen zur Errichtung eines Campingplatzes an. (8) Der Campingplatz soll aus bis zu 220 Stellplätzen von 70-80 qm Standfläche bestehen. (9)
Aus Sicht der GNU handelt es sich hierbei um einen der wertvollsten Bereiche am Banter See, der damit überplant und zerstört werden soll. Die Anlage eines Campingplatzes auf dem nur noch zeitlich begrenzt genutzten Gelände der Ems-Jade-Mischwerke ist dagegen aufgrund des dort vollständig versiegelten Bodens aus der Sicht der GNU unproblematisch.

Seitens der GNU wird die Anlage eines Campingplatzes auf dem gesetzlich geschützten Sandmagerrasen bei Klein Wangerooge abgelehnt. Der Anlage eines Campingplatzes auf dem Gelände der Ems-Jade-Mischwerke steht die GNU aufgeschlossen gegenüber.

2.2 Keine Zerstörung des Ökosystem Banter See


Probleme mit der Wasserqualität des Badesees Banter See führten in den letzten Jahren vermehrt zu bisher erfolglosen Bemühungen, Abhilfe zu schaffen. Das Ingenieurbüro Manzenrieder hatte den Auftrag zur „Datenbeschaffung, -auswertung und –bewertung zur Sanierungsoption Wasseraustausch Banter See“ (10), in der die nautische Nutzungsperspektive (11) ,also die Öffnung des Grodendamms für die Schifffahrt, berücksichtigt werden sollte.

Unter Beachtung der Entscheidungen der Stadt Wilhelmshaven musste sich das Büro Manzenrieder auf einen Handlungskorridor beschränken, in dem gewässerinterne Maßnahmen im Banter See nicht untersucht bzw. bewertet werden konnten: So z.B. die Entschlammung (Absaugen der gewässerschädlichen Weichsedimente), die Tiefenwasserbelüftung, (…) und die Wasserumwälzung sowie die großflächige Sedimentüberdeckung. (12) Möglicherweise wäre es als eine die Entschlammung unterstützende Maßnahme schon ausreichend, statt der großflächigen Überdeckung, lediglich die tiefen Löcher im Gewässerboden, in denen sich besonders dicke Schlammschichten angesammelt haben (13), aufzufüllen.

Da weitere Maßnahmen, wie die Bepflanzung der Uferzonen oder der Zustrom von Seewasser aus dem Jadebusen als wenig bzw. ungeeignet verworfen wurden, bleibt im Kern des Manzenrieder-Gutachtens lediglich die Öffnung des Grodendamms als Lösungsansatz zur Umwandlung des Banter See vom Brack- zum Salzwassersee übrig.

Und dies, obwohl „… die Kenntnisse für den Banter See aufgrund der vielen Dauermessungen, der personalgestützten Messungen und Laboranalysen aber auch der vielfältigen Untersuchungen der Vorjahre insgesamt sehr viel größer ist als im Binnenhafenbereich. Im Binnenhafenbereich stützen sich die Kenntnisse dieser Untersuchung auf die Ergebnisse einer Dauermesstation (Wasserstand, Wassertemperatur) und der personalgestützten Messungen und zugehörigen Analysen.“ (14)
Den Kern bildet dabei die Umwandlung des Banter See vom Brack- zum Salzwassersee. Eine „Öffnung des Grodendamms könnte zu einer Lösung des Blaualgenproblems führen, so Dr. Helmut Manzenrieder. Eine Garantie gebe es aber nicht.“ (15) Für eine stabile Entscheidungsgrundlage bedarf es zuvor noch einer „gewässerökologischen Bewertung“. (16)

Bei einer Umwandlung des Banter See vom Brack- zum Salzgewässer ist ein Verlust von zahlreichen Tier- und Pflanzenarten und Individuen zu erwarten. Zahlreiche bisher vorkommenden Arten werden voraussichtlich den Salzanstieg nicht überstehen. Ob dies unmerklich oder als größeres Artensterben geschieht, ist bisher nicht erörtert worden. Die Auswirkungen auf Fauna und Flora und in der Folge auch auf die menschliche Nutzungen des Sees sind völlig unklar und durch das Manzenrieder-Gutachten bisher nicht erhellt worden. Das Manzenrieder-Gutachten formuliert daher auch recht eindeutig: “Mit einer anschließenden gewässerökologischen Bewertung, unter Verwendung der hier vorgestellten Kenntnisse und aktuellen Daten, kann u. E. eine stabile Entscheidungsgrundlage gebildet werden.“ (17)

Der Reichtum der winterlichen Rastvögel auf dem Banter See - die auf dem anliegenden Großen Hafen fehlen - ist in den ökologischen Bedingungen des Banter Sees begründet. Ob die Versalzung des Banter Sees Auswirkungen auf die Entnahme von Biomasse durch Wasservögel hat oder ob die Biomasse dann komplett im Banter See verbleibt und die Nährstoffsituation noch zusätzlich zuspitzt, ist ungeklärt. Kurz und gut, die Öffnung des Grodendamms ist nach derzeitigem Kenntnisstand als schwerwiegender Eingriff in die Ökologie des Sees mit unabsehbaren Auswirkungen zu werten und mit entsprechend großer Skepsis zu betrachten und die Überlegungen, die Öffnungsweite des Grodendamms über das erforderliche Maß von 10 Metern hinaus zu vergrößern, um hiermit in die langfristige Planung zu integrierende, nautisch ausgerichtete Nutzungsperspektiven (18) zu eröffnen, gehen weit über die Bemühungen zur Bekämpfung der Cyanobakterien hinaus. Dies hat mit der vorgeblichen Absicht, die Wasserqualität im Banter See zu verbessern, nicht mehr das Geringste zu tun.

Die GNU fordert daher


    die Untersuchung diverser Möglichkeiten zur Verbesserung der Wasserqualität im Banter See ohne Öffnung des Grodendamms.
    eine eingehende ökologische Untersuchung zu Wirkungen und Nebenwirkungen einer Öffnung des Grodendamms durch Spezialisten vor einer weiteren Diskussion oder Entscheidung über die Öffnung des Grodendamms.
    Die Ermittlung weiterer Folgen.

Die Eröffnung eines Planfeststellungsverfahrens vor abschließenden Ergebnissen verbietet sich dabei von selbst.

2.3 Keine Wohnbebauung am Banter See


Wilhelmshaven verzeichnet nach wie vor einen hohen Flächenverbrauch bei abnehmender Bevölkerungszahl. Zusätzlicher Wohnraum sollte daher nicht zu einer weiteren Zersiedelung führen, sondern vielmehr an bestehende Wohnbereiche anschließen, möglichst im Rahmen von Sanierungen vorhandenen Wohnraum aufwerten oder diesen ersetzen. In diesem Sinne wird eine Erweiterung der Wohnbebauung am Banter See als nicht zielführend angesehen. Vielmehr sollte es für das Landschaftsbild zu einer Sicherung des Freiflächenbestandes vor Wohnbebauung und einer Erhöhung des Anteils naturbetonter Elemente und Strukturen kommen. (19)

Die GNU sieht vielmehr die Schaffung von Flächen für die Erholungsnutzung im Bereich der ehemaligen Banter Kaserne (evtl. Anlage eines Park- und Freizeitareals im Eingangsbereich des Banter Sees) als städtebaulich zielführender an.

Die GNU fordert daher, von einer Wohnbebauung am Banter See Abstand zu nehmen.

3. Zukunftsmusik oder „Wo soll es hingehen?“


Der Banter See wurde auf der 2. Banter See-Konferenz in einer Ideenskizze als Ort für Freizeit, Erholung, Tourismus und Natur vorgestellt. (20) Die langfristige Verlagerung von nicht in eine städtische Lage integrierbarer Industrie im NW des Banter Sees scheint daher unstrittig. (21)

Der Landschaftsrahmenplan der Stadt Wilhelmshaven weist unter dem Oberbegriff „Erholung“ ausdrücklich auf den Konfliktbereich zwischen der Intensität der Erholungsnutzung und der natürlichen Belastbarkeit von Natur und Landschaft hin. Es wird einerseits auf erreichte Belastungsgrenzen am Banter See und andererseits auf Maßnahmen zum Schutz der empfindlichen Natur und der Sicherung der Erholungsfunktion hingewiesen. (22)

Aus heutiger Sicht scheinen die o.g. Konfliktbereiche zwischen Erholung (incl. Freizeit und Tourismus) und Schutz der Natur durch Gespräche aller Beteiligten lösbar. Die städteplanerischen Absichten der Stadt Wilhelmshaven stellen, zumindest was den Schutz von Natur und Landschaft angeht, derzeit vermutlich größere Anforderungen. Werden die Pläne der Stadtverwaltung umgesetzt, ist die Natur der Hauptverlierer, aber auch erholungssuchende Wilhelmshavener werden ein attraktives Naherholungsgebiet verlieren.

Für eine zukünftige Nutzung des Banter Sees für Natur und naturnahe Erholung (resp. Freizeit und Tourismus) stellen sich aktuell folgende Schwerpunkte aus Sicht der GNU dar:

    Aufstellung eines Grünordnungsplanes als Grundlage zur Lenkung der Erholungsnutzung am Banter See (siehe LRP)
    Rückbau der nicht genutzten Industrieanlagen mit naturnaher Gestaltung
    Freihalten des Banter Sees von jeglicher Wohnbebauung
    Schutz der Uferzonen, bzw. bei Nutzungsaufgabe im Uferbereich Anlage eines Schutzstreifens nach BNatSchG § 61
    Schaffung von Flächen für die Erholungsnutzung im Bereich der Banter Kaserne, evtl. Anlage eines Park- und Freizeitareals mit Gastronomie als „Einladung an den Banter See“
    Schutz und dauerhafter Erhalt der geschützten Biotope und des Naturdenkmals
    Lösung des „Blaualgenproblems“ ohne Öffnung des Grodendamms
    Bei Nutzungsaufgabe Rückbau der Freizeitgrundstücke in der Westecke von Klein Wangerooge

Quellenangaben:
1 Landschaftsrahmenplan/Landschaftsplan Stadt Wilhelmshaven (1999): S. 160 – 161 sowie Karte 10 (Südteil)
2 Quelle: Anhang zum Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und Brandschutz vom 06.11.2013
3 Quelle: Anhang zum Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und Brandschutz vom 06.11.2013
4 BECKER, P.H. (2010):Populationsökologie der Flussseeschwalbe: Das Individuum im Blickpunkt. In: 100 Jahre Institut für Vogelforschung: 137-155.
5 Naturdenkmal Flussseeschwalben-Kolonie in Wilhelmshaven, in: Amtsblatt für den niedersächsischen Verwaltungsbezirk Oldenburg vom 13.06.1969
6Rote Liste Niedersachsen 2007: Zitiert nach KRÜGER et. al (2014): Atlas der Brutvögel in Niedersachsen und Bremen 2005 – 2008.
7 Quelle: Eigene Beobachtungen, weitere Quellen, u.a. verschiedene Jahresberichte der OAO
8 WZ vom 23.10.2013: Bald Campingplatz am Banter See möglich - Stellplatz … in Planung
9 Michael Witt: “Vitale Südseite – 2. Banter See-Konferenz vom 15.05.2014
10 Ingenieurbüro Dr.-Ing. Manzenrieder und Partner: Banter See - Ergebnisse der Messprogramme 2011 – 2014, Seite 85
11 Ingenieurbüro Dr.-Ing. Manzenrieder und Partner: Banter See - Ergebnisse der Messprogramme 2011 – 2014, Seite 93
12 Ingenieurbüro Dr.-Ing. Manzenrieder und Partner: Banter See - Ergebnisse der Messprogramme 2011 –2014, Seite 85 und 90
13 Ingenieurbüro Dr.-Ing. Manzenrieder und Partner: Banter See - Ergebnisse der Messprogramme 2011 –2014, Seite 17 Abb. 13
14 Ingenieurbüro Dr.-Ing. Manzenrieder und Partner: Banter See - Ergebnisse der Messprogramme 2011 –2014, Seite 85 und 86
15 Wilhelmshavener Zeitung vom 09.05.2014
16 Ingenieurbüro Dr.-Ing. Manzenrieder und Partner: Banter See - Ergebnisse der Messprogramme 2011 – 2014, Seite 94
17 Ingenieurbüro Dr.-Ing. Manzenrieder und Partner: Banter See - Ergebnisse der Messprogramme 2011 – 2014, Seite 94
18 Ingenieurbüro Dr.-Ing. Manzenrieder und Partner: Banter See - Ergebnisse der Messprogramme 2011 – 2014, Seite 93
19 Landschaftsrahmenplan/Landschaftsplan Stadt Wilhelmshaven (1999): S. 135
20 Michael Witt: “Vitale Südseite – 2. Banter See-Konferenz vom 15.05.2014
21 Handlungskonzept Step Plus Wilhelmshaven –Entwurf-: 28.
22 Landschaftsrahmenplan/Landschaftsplan Stadt Wilhelmshaven (1999):198-199.