Unweit von Fedderwarden an der A29 hat TenneT bereits ein Umspannwerk errichtet. Für ein weiteres Umspannwerk (Arbeitstitel "Wilhelmshaven 2") nebst 2 Konvertern wird eine Fläche von knapp 40 ha benötigt. Dafür hat der Vorhabenträger das Gebiet zwischen der Hofstelle Utters und dem Industriegleis östlich von Sengwarden ins Auge gefasst.
Erst nachdem die Pläne bekannt wurden, kam die Beteiligung der Stadt und der Anlieger ins Rollen. Der Bereich um Sengwarden ist bereits durch verschiedene infrastrukturelle Maßnahmen belastet. So entsteht nördlich der Utterser Landstraße gerade auf 13 ha Fläche ein Solarpark. Und im Zuge der Elektrifizierung der Bahnstrecke soll das Industriegleis auf mehr als 2 km Länge mit einem gut 10 m hohen Galeriebauwerk eingehaust werden, um den Funkmast auf dem Bundeswehrgelände Sengwarden vor elektromagnetischen Störfeldern zu schützen. Deshalb wehren sich die Anwohner:innen entschieden gegen den Bau des Umspannwerks direkt vorm Dorfeingang. Seitens der Stadt und des Umweltministeriums wurde dann der Voslapper Groden Nord als Alternativstandort ins Spiel gebracht. Dieser ist Europäisches Vogelschutzgebiet (Teil des europaweiten Schutzgebiets-Systems NATURA 2000) und entsprechend als Naturschutzgebiet gesichert.
Aus Sicht des BUND kommt keine der beiden Flächen – weder das Schutzgebiet Voslapper Groden noch die Hofstelle Utters – als Standorte für ein Umspannwerk in Betracht.
Das Naturschutzgebiet Voslapper Groden darf, nach den rechtlichen Vorgaben für NATURA 2000-Gebiete, erst dann für eine anderweitige Nutzung entwidmet werden, wenn die sogenannte FFH-Verträglichkeitsprüfung bzw. die damit verbundene Ausnahmeprüfung zum Ergebnis kommt, dass
- das Projekt bzw. der Plan aus den gesetzlich geforderten Gründen eines öffentlichen Interesses zwingend notwendig ist und die konkret betroffenen Natura 2000-Belange nachweislich überwiegt,
- zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt bzw. Plan verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.
Und die Fläche im Bereich Utters ist (laut Landschaftsrahmenplan der Stadt Wilhelmshaven) ausgerechnet einer der naturschutzfachlich wertvollsten Standorte innerhalb des landwirtschaftlich genutzten Komplexes im Nordwesten der Stadt.
Unsere Forderung: Die Standortsuche für das Umspannwerk muss gemeinsam mit allen Beteiligten und ohne betriebswirtschaftliche Ausschlusskriterien seitens TenneT nochmal von vorn beginnen. Dabei müssen auch Flächen im Landkreis Friesland mit einbezogen werden. In erster Linie sollten bereits erschlossene Flächen bzw. Industriebrachen ins Auge gefasst werden. So wird z.B. das seit Jahrzehnten offen gehaltene Gelände für ein Flüssiggasterminal ganz im Norden des Voslapper Grodens nicht mehr benötigt und direkt anschließend gibt es ungenutzte Betriebsflächen der Vynova.
Bei der Standortsuche sollten sich Naturschutz, Landwirtschaft und ortsansässige Bevölkerung nicht durch einen künstlich erzeugten Zeitdruck auseinanderdividieren lassen. Denn auch, wenn man sich nicht bei allen Themen einig ist: Hier gibt es das gemeinsame Ziel, unsere historisch gewachsene Marschlandschaft so weit wie möglich vor einer weiträumig verteilten baulichen Übernutzung zu schützen.
Naturschutz und Landwirtschaft haben gerade gemeinsam den "Niedersächsischen Weg" eingeschlagen. Eine Forderung dieses Programms, das im niedersächsischen Naturschutzrecht konkretisiert wird, ist die Begrenzung und Beendigung der Flächenversiegelung. Noch werden täglich bundesweit fast 60 ha Freiflächen neu verbaut und versiegelt, ob für Straßen, Energieanlagen, Neubausiedlungen oder Amazon-Verteilcenter - und fast immer auf Kosten der Landwirtschaft und des Naturschutzes. Unbebaute Flächen sind eine zunehmend knappe Ressource, gleichzeitig haben sie eine existenzielle Bedeutung für den Natur- und Klimaschutz, den Boden- und Wasserhaushalt und unsere Ernährung.
Die Forderung nach einem nachhaltigen, sparsamen und sorgfältigen Umgang mit dieser Ressource soll den Ausbau erneuerbarer Energie und damit die Umsetzung der Energiewende nicht in Frage stellen. Es geht nicht um das "ob", sondern um das "wo" und "wie". Am Ende wird es immer Kompromisse geben, jedoch dürfen nicht ausgerechnet wertvolle Naturrefugien das Wunschkonzert der Planungsträger anführen.